Lady Livia Aldo hatte sich an diesem Tag bereits früh in der Schankstube des Torkelnden Eulenbär eingefunden. Bei dem ganzen Lärm von den Holzarbeitern konnte sie sowieso nicht länger schlafen.
Aber was sollte man an diesem Ort sonst machen außer schlafen und trinken? Da Schlafen keine Option war, musste Lady Livia sich also mit Letzterem begnügen. Obwohl sie genau wusste, dass sie es spätestens zum Mittag bereuen würde, schenkte sie sich also noch einen weiteren Becher Wein ein. Wenn man es denn Wein nennen konnte, was die Bewohner hier zusammenpanschen. Mittelmäßiger Wein aus Holzbechern trinken um sich die Tage irgendwie erträglich zu machen....bei den Götter wie sie doch Silvengard und ihr Leben am Hof vermisste! Und jetzt? Jetzt sitzt sie in einer Taverne irgendwo am Rand von Toradan an der Grenze zu den Barbarenlanden. Um Dorf laufen seit Tagen die Vorbereitungen für den großen Festtag. Die Bewohner gedenken irgendeiner heidnischen Heldin, halb Barbarin, halb Lady, die Tindale vor Jahrzehnten vor den Barbaren gerettet haben soll. Undenkbar für Lady Livia, die Schlacht ist das Spielfeld für Männer. Die Damen Toradans beqegen sich auf einem anderen Parkett. Auch dies vermisste sie: die Intrigen und Ränkeschmiedereien am Hofe von Königin Elora. Dort war ein Wort in das richtige Ohr oft gefährlicher als eine Klinge. Und sie hatte durchaus Einfluss gehabt. Verdammt, sie ist eine Arandur! Bis heute ist ihr nicht klar, warum ihr Vater sich auf diese Heirat eingelassen hat. Sie, die Tochter eines der mächtigsten Häuser von Toradan, wird an einen Ritter aus dem Hinterland verscherbelt. Lady Livia hatte bei den Göttern geschworen, dass sie Licht in dieses Dunkel bringen würde. Doch hier, fernab vom königlichen Hof in Silvengard oder dem Sitz ihrer Familie in Anderland waren ihre Möglichkeiten stark eingeschränkt. Zum Glück hat Lady Azara sie begleitet. Die Firn (=Feuergenasi) war bisher eine treue Freundin und mit ihrer Kunst stets eine Quelle guter Laune. Vielleicht war es aber an der Zeit weitere, auch unwahrscheinliche Verbündete finden. Eine kleine Gruppe von Streitern hatte sich gestern bei einem Vorfall auf dem Marktplatz hervorgehoben. Mal sehen, was sich da noch ergeben könnte. Wenn auch keine wirkliche Unterstützung, dann zumindest etwas Abwechslung. Die hier im Dorf gebotene Abwechslung lässt auch eher zu wünschen übrig. Obwohl ihr teurer Gemahl sich über die Maßen ins Zeug legt, bezweifelt Lady Livia, dass Herzog Amric Hangost derart begeistert sein wird von seinem Aufenthalt in Tindale. Für heute ist eine Probe des Schauspieles vom Sieg der Heldin über die Barbaren geplant. Ihr Gemahl Sir Tristan hat ihrer beiden Besuch fest eingeplant. Schließlich sollen er und sie als glückliches Paar aus dem Adel gesehen werden. Soweit die Absichten dieses Heckenritters. Vielleicht vermag ja dieses Spektakel ihre Laune heben. Wie traurig, Lady Livia hat am Tisch der Königin diniert und saß zusammen mit ihrem Vater bei den großen Turnieren von Silvengard auf der Ehrentribüne. Und jetzt dies....
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